Bamberg – Zeitschichten im öffentlichen Raum
Was haben die verschiedenen Zeitepochen zum Stadtraum Bambergs beigetragen, was ist heute davon sichtbar und was bleibt davon in der Zukunft? Das Fotoprojekt Bamberg – Zeitschichten im öffentlichen Raum des Historischen Vereins Bamberg ist mit öffentlicher und privater Unterstützung hauptsächlich in den Jahren 2012 bis 2014 entstanden, einzelne Fotografien reichen aber bis ins Jahr 1999 zurück. Insgesamt wurden 220 Fotos aus einer größeren Anzahl von Negativen der Größe 20 x 25 cm ausgewählt und auf lange haltbares Barytpapier vergrößert. Ein vollkommen handwerklicher Prozesse von Anfang bis Ende, ohne Computer dazwischen.
Die Fotos zeigen überwiegend Zonen der Stadt, die normalerweise nicht für bildwürdig erachtet werden, oft zusammen mit solchen, die Teil des etablierten, geachteten und geschützten Bambergbildes sind.
Stadträume werden schnell verändert
Oft bilden sie Phänomene ab, die in absehbarer Zeit nicht mehr in dieser Form, nicht mehr in diesem Ausmaß oder gar nicht mehr existieren werden. Manche, wie die Gedenktafeln für die ehemals in Bamberg stationierten, gefallenen amerikanischen Soldaten, sind schon verschwunden, nachdem Bamberg seit Mitte 2014 keine Garnisonsstadt mehr ist.
Das Kesselhaus wird dieser Stadt hoffentlich als neue Kunsthalle erhalten bleiben, aber was geschieht mit der Villensiedlung am Abtsberg darüber? Dort wächst in den ehemaligen Gärten eine sterile Luxuswohnanlage nach der anderen, die Struktur des Viertels verändert sich.
Wie lange gelingt es noch der Gemeinde St. Gangolf und den beiden Gärtnervereinen, die kleine Fronleichnamsprozession auszurichten? Noch 250 Jahre? Vor 250 Jahren sagte Voltaire: „In 500 Jahren gibt es keine Götter mehr“. Wenn er recht hatte, haben wir jetzt Halbzeit. Gibt es dann noch Gärtner?
Ein Bild zeigt den Abhang des Michelsbergs zur Sandstraße, während gerade die Lücke der Straßenfront mit einer Eigentumswohnanlage geschlossen wird. Dort befand sich bis in die 60er Jahre ein Biergarten und im 18. Jh. ein privater Adelsgarten, jetzt ist die Straßenfront geschlossen. Der ältere polnische Herr in der Moosstraße, der noch 2013 den gesammelten Sperrmüll bewachte, während seine Kollegen neuen sammelten, ist seit der Abschaffung der festen Sperrmüllzeiten in Bamberg genauso Geschichte geworden.
Mir scheint, eine Stadt ist ein Organismus, Teile werden gebildet, andere Teile sterben ab, alles ist im Fluß, sich ereignende Geschichte.
Interessante, stimmungsvolle, aber auch brutale Ansichten des „Stadt-Remodeling“, der Fotograf versucht mit Baryt der Vergänglichkeit
zu trotzen. ?
Bravo an den analogen fotografischen Stadtchronisten!
Ich finde diese gesamte Serie großartig! Sie ist präzise, die aufnahmen sind sehr dicht – manche davon sehr spontan. (Pizzini) Was ich unglaublich finde, angesichts der Tatsache, dass die Arbeiten ganz offensichtlich mit Großformat-Kamera analog fotografiert wurden.
Meine besonderen Favorits: Weinstube Pizzini, NPD-Versammlung und Sperrmüllsammlung – jede für sich aus unterschiedlichen Gründen sehr eindrücklich + nachhaltig. Die Aufnahme der NPD Versammlung für mich persönlich erschreckend – aber eben ein wichtiges Dokument. Letzteres halte ich natürlich für eine der vielen Möglichkeiten und Funktionen der Fotografie
Gratulation zu dieser Serie!